Carbon PreForm - Bildung der SEI-Schicht auf Graphit in einer externen elektrochemischen Zelle

Lithium-Ionen-Akkumulatoren stellen die entscheidende Komponente im Hinblick auf die Elektromobilität dar. Ihre elektrischen Parameter bestimmen Reichweite und Leistungsfähigkeit der Elektroboliden maßgeblich. Wissenschaftler der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften entwickelten ein Verfahren zur Präparation von Anodenmaterial vor der Produktion des eigentlichen Akkus. Die Idee ist den zeit- und energieintensiven Vorgang des Erstladens vorzulagern und so die Akku-Serienproduktion ungefährlicher, schneller und besser skalierbar zu machen.

Problemstellung

In einem Lithium-Ionen-Akku findet beim ersten Laden der Batterie eine elektrochemische Reaktion zwischen Elektrolyt und der Anode statt. Die Anode besteht aktuell üblicherweise aus Graphit. Die Lithium-Ionen im Akku werden durch das Kathodenmaterial (Lithium-Metalloxide) bereit gestellt und sind hauptverantwortlich für den Ladungstransfer zwischen Kathode und Anode. Die Batterie inklusive der Anode, Kathode, der jeweiligen Kontakte und der Elektrolytlösung werden auch als Zelle bezeichnet. Beim ersten Ladevorgang reagiert der Elektrolyt mit Lithium-Ionen an der Graphit-Oberfläche und bildet eine passive Schicht, die in Fachkreisen Solid Electrolyte Interphase (SEI) genannt wird und die Batterie-Performance entscheidend beeinflusst. Dieser Vorgang findet in der bereits komplett zusammengebauten Zelle statt. Bei dieser Reaktion wird bis zu 20% des in der Batterie enthaltenen Lithiums im SEI gebunden und steht so während des weiteren Betriebs nicht mehr zur Verfügung. Da diese Reaktion exotherm und die Qualität der sich bildenden SEI-Schicht entscheidend für die Batterie-Performance ist, ist der erste Ladevorgang einer Li-Ionen-Batterie äußerst kritisch und wird daher sehr langsam (10 Std+) und kontrolliert durchgeführt. Des weiteren besteht während der SEI-Bildung Brand- und Explosionsgefahr, da gasförmige Reaktionsprodukte wie Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe entstehen.

Unsere Lösung

Diese Patentanmeldung präsentiert die Idee, die Bildung der SEI-Schicht bereits vor dem Zusammenbau der Batterie in einer externen elektrochemischen Zelle vorzunehmen. Konkret soll das Anodenmaterial, welches aus Graphit-Partikeln besteht, einen Prozess durchlaufen, in dem die erwähnte Schicht aus Elektrolytlösung und Li-Ionen gebildet wird. Das so vorbearbeitete Anodenmaterial kann dann im Anschluss in den bereits etablierten Li-Ionen-Akku-Herstellungsprozess integriert werden - der aufwändige SEI-Formierungsprozess während des ersten Ladevorgangs wird praktisch ausgelagert. Das spart Zeit und Kosten in den Fabriken während der automatisierten Batterieproduktion. Außerdem verbessert sich sowohl die Zellqualität als auch die Kapazität der Akkus, da weniger batterie-eigenes Lithium in der SEI-Schicht gebunden wird. In einem ersten Schritt wird ein homogener Graphit-Schlamm hergestellt. Dieser wird im Anschluss in eine elektrochemische Zelle gefüllt, in dieser getrocknet und gepresst. Danach wird die Zelle mit einer Kathode und einem Separator versehen und mit einem Elektrolyt befüllt. Nach dem Verschließen ist die elektrochemische Zelle einsatzbereit und das Material kann mit Hilfe entsprechender Elektronik genau definierter Spannung und Stromstärke ausgesetzt werden - eine hochqualitative SEI-Schicht bildet sich am Graphit. Das auf diese Weise präparierte Anodenmaterial wird aus der Zelle entfernt und von Elektrolytrückständen gereinigt. Das entstandene Material mit ausgebildeter SEI-Schicht kann nun für die etablierte Batterie-Serienproduktion verwendet werden.

Bild1 5Abb. 1: Prozess der Ausbildung einer SEI-Schicht am Anodenmaterial für Lithium-Ionen-Akkumulatoren in einer elektrochemischen Zelle (Quelle: Adaption nach Patentanmeldung)

Vorteile

Die hier beschriebene Erfindung verfolgt den Ansatz, die zeit- und energieintensive, sowie gefährliche Bildung der SEI-Schicht an der Anode der Batterie aus der Serienproduktion auszulagern. Auf diese Weise kann Zeit gespart und können Kosten reduziert werden, sodass die Skalierbarkeit der Produktionskette verbessert wird. Das in einer von den Wissenschaftlern entworfenen elektrochemischen Zelle vorpräparierte Anodenmaterial besitzt eine ideale SEI-Schicht und kann im Anschluss in den bereits etablierten Li-Ionen-Akku-Herstellungsprozess integriert werden – der aufwändige und gefährliche SEI-Formierungsprozess während der Erstladung wird auf diese Weise ausgelagert. Durch dieses Verfahren verbessert sich außerdem sowohl die Zellqualität als auch die Kapazität der Akkus, da weniger batterie-eigenes Lithium in der SEI-Schicht gebunden wird. Diese Herangehensweise ermöglicht des weiteren die Optimierung der verwendeten Elektrolytzusammensetzung auf die Ausbildung einer möglichst hochqualitativen SEI-Schicht, da keine Kompromisse bei der Elektrolytauswahl in Hinblick auf gute Batterieperformance gemacht werden müssen. Ebenso trifft dies natürlich auch auf die Wahl der Elektrolytzusammensetzung bei der Batterieproduktion zu. Bei der Verwendung des vorgestellten präparierten Anodenmaterials inkl. bereits ausgebildeter SEI-Schicht kann die Wahl des Elektrolyten auf optimale Batterieperformance ausgelegt werden.

Anwendungsbereiche

  • Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien
  • Zulieferer von Rohmaterialien für die Batterieherstellung

Entwicklungsstand

Ein Proof-of-Principle wurde bereits durchgeführt. Derzeit finden Arbeiten zur Skalierbarkeit statt.

Patentsituation

Deutsche Patentanmeldung erteilt: DE102021109109A1

(Anmelder: Ostfalia Hochschule für angewandt Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel).

Kontakt

Dr. Mirza Mackovic
Patent Manager Technik
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Tel.: +49 551 30724 153
Referenz: MM-2299-FHBW

Tags: Automobiltechnik, Physik und Technik & Software

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