Röntgentomographie mit anisotropen Quellen

Für die klassische Computertomographie (CT), insbesondere die analytische CT, werden punktförmige Strahlquellen benötigt. Die hier vorgestellte Erfindung richtet sich dagegen auf eine Vorrichtung mit der tomographische Messungen mit anisotropen Quellen möglich werden. Die Bildberechnung kann dabei durch die Umkehrung der 3D-Radontransformation erfolgen. Die neue Vorrichtung hat unter anderem den Vorteil, dass mit ihr deutlich günstigere Laborquellen nutzbar werden. Zudem kann die Fluenz der Quelle vollständig genutzt werden.

Problemstellung

Die erreichbare Auflösung der herkömmlichen CT wird durch die Ausdehnung der Strahlungsquellen limitiert. Um hohe Auflösungen zu erzielen, kann auf stark kollimierte oder fokussierte Synchrotronstrahlung zurückgegriffen werden. Dies ist jedoch teuer und weder zeitlich noch örtlich flexibel einsetzbar. Alternativ können Laborquellen verwendet werden, deren Brennfleck durch Kollimatorblenden ausreichend verkleinert wird. Diese Abblendung des Strahles führt jedoch zu einer Reduktion der nutzbaren Quellfluenz, was wiederum entweder die notwendige Messzeit verlängert oder das Signal-zu-Rausch Verhältnis verschlechtert.

Unsere Lösung

Cochlea einer Wüstenrennmaus. Links: Aufgenommene Röntgenprojektion, Mitte: Reprojektion des rekonstruierten Probenvolumens, Rechts: Schnitt durch das rekonstruierte Probenvolumen. (Quelle: Malte Vassholz)

Die neu entwickelte Vorrichtung zur tomographischen Bilderfassung sieht eine Probenhalterung vor, mit deren Hilfe die Probe um zwei Achsen statt wie üblich um nur eine Achse gedreht werden kann. Alternativ kann eine oder beide Drehungen auch durch eine gemeinsame Drehung von Detektor und Strahlquelle um die Probe erfolgen. Die Strahlquelle kann dabei eine Abmessung quer zur Ausbreitungsrichtung aufweisen, die deutlich größer als die zweite Querabmessung ist, ohne dass davon die Auflösung negativ beeinflusst wird. Diese Anisotropie der Quelle wird dadurch kompensiert, dass die Probe um zwei Achsen gedreht wird, was anschließend die Bildberechnung durch, beispielsweise, eine inverse 3D-Radontransformation statt wie bisher üblich eine inverse 2D-Radontransformation ermöglicht.
Bei diesem Verfahren ist nur noch die Ausdehnung der Strahlquelle in eine der beiden Querabmessungen für die Auflösung relevant. Es können dadurch deutlich günstigere Laborquellen, wie etwa Röntgenröhren, verwendet werden. Da es nicht mehr notwendig ist diese durch Kollimatorblenden einzuschränken, steht eine höhere Quellfluenz zur Verfügung. Dadurch kann die Messzeit jedes einzelnen Drehschrittes kürzer ausfallen. Die zusätzlichen Drehschritte durch die 2. Drehachse können so ohne höheren Zeitbedarf der Gesamtmessung aufgenommen werden.
Weitere Vorteile können sich im Bereich der lokalen Tomographie, bei der nur einige Region of Interest mit hoher Auflösung erfasst werden sollen, durch die Rücktransformation der 3D-Radontransformation ergeben. Diese zeigt dabei deutlich weniger Artefakte als die Rücktransformation der 2D-Radontransformation.

Vorteile

  • Günstigere und kompaktere Strahlquellen nutzbar
  • Größerer Anteil der Quellfluenz nutzbar
  • Unabhängig von Synchrotronstrahlung
  • Lokale Tomographie möglich
  • Hohe räumliche Kohärenz für Phasenkontrastmessungen erreichbar

Anwendungsbereiche

Der Anwendungsbereich ist vornehmlich auf dem Gebiet der analytischen Tomographie zu sehen, es sind aber auch medizinische Anwendungen denkbar.

Die Vorrichtung kann für verschiedene Strahlungsarten, etwa Röntgenstrahlung, Elektronenstrahlung oder Neutronenstrahlung genutzt werden. Neben Absorptionskontrast- und Phasenkontrastmessungen kommen auch weitere Observablen wie etwa Fluoreszenz oder Kleinwinkel-Streuung in Betracht.

Entwicklungsstand

Das Verfahren wurde erfolgreich umgesetzt und es existiert eine entsprechende Vorrichtung.

Patentsituation

Deutsche Patentanmeldung: DE102015215323A1
US-amerikanische Patentanmeldung: US2018164232A1

Patentanmelder: Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts

Weiterführende Informationen

Tomography with extended sources: Theory, error estimates, and a reconstruction algorithm
L. M. Lohse, M. Vassholz, T. Salditt
Phys. Rev. A (2017), 96, 063804

New X-Ray Tomography Method Based on the 3D Radon Transform Compatible with Anisotropic Sources
M. Vassholz, B. Koberstein-Schwarz, A. Ruhlandt, M. Krenkel, T. Salditt
Phys. Rev. Lett. (2016), 116, 088101

Kontakt

Dr. Maria Kamper
Patentmanager Physik & Technik
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel.: +49 (0) 551 30 724 159
Referenz: MM-1788-SUG
www.sciencebridge.de

Tags: Laserphysik und Optik, Physik und Technik & Software

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